Mythen über Photoshop-Dateien…

Da ich heute ein Shooting wetterbedingt absagen musste (-.-) nutze ich mal die Zeit, mit ein paar Mythen aufzuräumen.
Es geht um die Möglichkeit, Photoshop-Dateien mit älteren PS-Versionen oder gar anderen Programmen zu öffnen. Dummerweise kursieren da einige hartnäckige Irrtümer, die dazu führen, dass sich etliche in vermeintlicher Sicherheit wähnen… Da ich keine Lust mehr habe, das ständig neu erklären zu müssen, mach ich da einfach wieder einen Blogbeitrag draus 🙂

Um es vorweg zu nehmen: wenn man eine Photoshop-Datei (PSD) vollständig öffnen will, braucht man dazu im Zweifelsfall immer die Photoshop-Version, mit der sie erstellt wurde. Ältere Versionen oder gar andere Grafikprogramme können in der Regel nicht den kompletten Dateiinhalt anzeigen.

Dass dies so ist, ist einer der Gründe, weshalb ich das Adobe-Abomodell auch nicht mitmache. Denn eine Datei, die mit einem CC-Photoshop erstellt wurde, kann man im Grunde nur öffnen, wenn man ein CC-PS benutzt. Man ist also gezwungen, auf ewig und drei Tage Photoshop zu mieten, um auch später noch an die *eigenen* Daten zu gelangen. Ein absolutes Unding.

Vielen PS-Nutzern ist das auch irgendwie bewusst. Dummerweise gehen im Netz einige Irrtümer und Missverständnisse um, die dazu führen, dass die tatsächliche Dramatik der Lage vielen doch nicht so klar ist. Da muss mal ein bisschen was gerade gerückt werden…

 

komp

Mythos 1: Ich schalte einfach den Kompatibilitätsmodus ein und alles wird gut…

 

Der erste Mythos hängt mit dem vermeintlichen “Kompatibilitätsmodus” von Photoshop zusammen.

In der Tat fragt PS beim Speichern nach, ob die Kompatibilität mit älteren Programmen erhöht werden soll und bietet auch eine entsprechende Option in den Einstellungen an. Daraus schließen nun einige, dass PS dann versucht, die PSD so umzubauen, dass sie auch mit alten PS-Versionen oder gar ganz anderen Programmen geöffnet werden kann. Und dass damit ja die eigenen Daten in Sicherheit seien. Denn mit anderen Programmen könne man sie nun problemlos öffnen.

Das stimmt nicht.

Das einzige, was PS macht, ist einen sogenannten Composite Layer in die Datei zu schreiben. Mehr passiert nicht.
Dieser Composite Layer ist im Grunde nichts anderes als finale Version eines Bildes – das, was man bekommt, wenn man alle Ebenen einer PS-Datei auf eine reduziert (über den entsprechenden Befehl beispielsweise).

Um das zu verstehen, schauen wir uns mal ganz kurz an, wie so eine PSD aufgebaut ist.

In einer Photoshop-Datei steckt kein fertiges Bild, das man sich einfach so anschauen könnte. Statt dessen ist es eine mehr oder weniger wilde Ansammlung unterschiedlicher Ebenen.
Diese Ebenen können einfach nur reine Datenebenen sein – dann befindet sich darauf ein Bild oder ein Teil eines Bildes. Bunte Pixel. Es können aber auch Einstellungsebenen sein – in solchen stecken keine Pixel, sondern Befehle mit Parametern. Eine Gradationskurve bspw.
Und dann können da natürlich noch Smartobjekte drin sein. Und diverse Einstellungen. Und die Ebenen können maskiert sein und einen spezifischen Ebenenmodus besitzen. Und so weiter. Und so fort.

Aus all diesen Teilen setzt Photoshop dann erst das Bild zusammen und zeigt es dann an. Und genau dieses fertige Bild ist das, was auch im Composite Layer steckt.
Wenn man Photoshop anweist, die Kompatibilität zu erhöhen, dann schreibt PS eben einfach immer nur eine aktuelle Endversion des Bildes mit in die Datei. Das vergrößter die Dateigröße, ist aber auch höllisch praktisch, denn andere Programme können diesen Layer auslesen und anzeigen. Da kommen wir aber gleich noch zu. In jedem Fall sollte diese Option möglichst immer eingeschaltet sein – es hat erhebliche Vorteile.

Aber: mehr passiert dann auch nicht. Es ist immer noch die gleiche Datei, nur dass jetzt zusätzlich eine Endversion des Bildes mit drin steckt. Quasi eine Vorschau in voller Auflösung.
Photoshop fängt nicht an, besonders komplexe Elemente zu vereinfachen oder so zu verändern, dass auch andere Programme oder ältere PS-Versionen mit umgehen könnten. Das wäre auch etwas zu viel erwartet. Photoshop entwickelt sich ständig weiter, es kommen ständig neue Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten hinzu. Und diese neuen Funktionen werden, sollten sie für das jeweilige Bild genutzt worden sein, natürlich genau so in die Datei geschrieben. Man kann jetzt nur extrem selten hingehen und sagen:”OK, diese neue Funktion lässt sich 1:1 mit dieser und jener alten Funktion nachbilden – dann speichern wir sie doch in der alten Version, dann können auch ältere Programme damit umgehen.” Wenn sich neue Funktionen durch alte ersetzen lassen würden, wären sie ja auch eigentlich überflüssig. Oder?

Eine PSD spiegelt den Entwicklungsstand der Version, mit der sie erstellt wurde, wieder. Und ältere Versionen oder alternative Programme besitzen eben einen anderen Entwicklungsstand und können mit den neuen Elementen dann eben nichts anfangen.

Das einzige, was sie können, ist auf den Composite Layer zugreifen – denn dieser ist einfach ein ganz normales Bild ohne irgendwelche eingebauten Funktionen.

 

Dieser ‘Kompatibilitätsmodus’ (er heißt eigentlich nicht so – aber so wird er oft im Netz umschrieben) sorgt also nicht dafür, dass die Dateien in anderen Programmen vollständig angezeigt werden können.
Anders als bspw. bei Textverarbeitungsprogrammen. MS Word bietet bspw. die Möglichkeit, Texte so abzuspeichern, dass sie von anderen Programmen verstanden und angezeigt werden können. Das liegt aber daran, dass Textdateien sehr viel schlichter sind als Grafikdateien. Und sobald in einem Worddokument komplexere Anweisungen stecken (was bspw. Formatierungen angeht), scheitert auch Word an dieser Aufgabe.

Photoshop kann so etwas nicht (und andere Grafikprogramme, zumindest die etwas größeren, übrigens auch nicht…).
Man kann die Dateien natürlich in einem anderen Format speichern. Aber das führt in der Regel dazu, dass eben nicht alle Informationen abgespeichert werden können. Oft muss dann auf eine Ebene reduziert werden – da warnt PS dann aber vor dem Speichern.

 

viewer

 

Mythos 2: Aber die Grafikviewer zeigen die Datei doch an…

 

Ja, man kann Photoshop-Dateien in vielen anderen Programmen öffnen. Bspw. auch in einfachen Grafikviewern (im Explorer, Finder, Irfanview, XnView und wie sie alle heißen). Und dann bekommt man auch meist ein Bild angezeigt. Und daraus wird dann gerne geschlossen, dass alles in Ordnung sein. ‘Ok, ich sehe mein Bild, ich komme an meine Daten. Alles cool.’

Aber: das ist ein Trugschluss. Dass ein beliebiger Bildviewer ein Bild anzeigt, heißt erstmal noch gar nichts. Und wer meine Erklärungen zum 1. Mythos gelesen hat, weiß auch schon, was da in Wirklichkeit angezeigt wird 😀

All diese Programme zeigen nämlich einfach nur den oben beschriebenen Composite Layer an – soweit dieser in der Datei vorhanden ist. Sie bieten keinen Zugriff auf die einzelnen Ebenen. Man kommt so zwar an die Endversion des Bildes, nicht aber an die Einzelteile.

Mal ein kleines Beispiel dazu: mal angenommen, man hat ein kleines Composing gemacht – das Foto eines Models freigestellt und einen neuen Hintergrund hineinmontiert. Und das ganze mit etlichen Einstellungsebenen aufgefüllt, um Farben und dergleichen anzupassen.
Im Composite Layer sind all diese Ebenen alle zu einem Bild verschmolzen. Darauf hat man Zugriff (immerhin – darum ist diese Option auch wichtig). Aber man kann in der Regel nicht auf die Einzelteile zugreifen. Wenn ich bspw. nur das Modell kopieren möchte (um es in einem anderen Bild zu verwenden) oder nachträglich die Werte der Einstellungsebenen ändern möchte, dann kann ich das eben nicht. Denn um das zu können, müssten die Grafikviewer diese Einzelebenen verstehen. Sie müssten damit umgehen und die Funktionalität, die hinter der jeweiligen Ebene steckt, nachbilden können.

Einfache Grafikviewer können das aber natürlich nicht. Die können nur schlichte Bilder anzeigen – und darum suchen sie sich aus der PSD den Composite Layer heraus. Der ist ein schlichtes Bild, das können sie darstellen. Dass da auch noch Einstellungen, Masken und dergleichen drin stecken, ignorieren diese Programme. Müssen sie sogar, weil sie selbst nicht mit Masken usw. umgehen können.

Nun gibt es natürlich noch andere Grafikprogramme, die sehr viel mehr können als einfache Viewer. Richtige Grafikprogramme – jenseits von Photoshop. Corel bspw. Oder Affinity Photo. Oder meinetwegen auch Gimp. Die können sehr viel. Und die können natürlich versuchen, nicht nur das Endresultat darzustellen, sondern auch einen Zugriff auf die einzelnen Ebenen zu bieten. Das können die auch oft. Bei reinen Datenebenen eh. Aber auch viele der Einstellungsebenen können dargestellt und bearbeitet werden. Wenn das z.B. eine Gradationskurve drinsteckt, dann können Paintshop oder Affinity Photo mit der natürlich umgehen.
Das geht aber nur, solange diese Grafikprogramme auch die jeweilige Funktionalität anbieten. Diese Ebenen werden dann als Ebenen dargestellt. Aber alles, was darüber hinaus geht, eben nicht mehr. Weil die dahintersteckende Funktion fehlt. Oder weil die Funktion zwar vorhanden ist, aber ganz anders eingebaut ist. Wenn in der PSD bspw. ein SmartObjekt, dann bekommt Affinity Photo Probleme, denn dort gibt es keine SmartObjekte. Und deshalb kann Affinity Photo auch keinen Zugriff auf diese Objekte bieten.

Gleiches gilt für ältere Photoshop-Versionen: auch die können nur die Inhalte einer PSD anzeigen, die sie auch selbst verstehen. Neuere Ebenen können sie nicht verarbeiten und darum auch nicht anzeigen.

Es ist bei diesen Programmen also ein Glücksspiel, was tatsächlich angezeigt werden kann und was eben nicht. Und im Zweifelsfall bekommt man nur Zugriff auf die Endversion, den Composite Layer.

 

 

tiff

 

Mythos 3: Mit Tiff bin ich auf der sicheren Seite

 

OK, weder der ‘Kompatibilitätsmodus’ noch der Umstand, dass zumindest das Endbild in anderen Programmen angezeigt werden kann, stellt sicher, dass man den vollen Zugriff auf die PSD-Datei hat.

Was dann als letztes gerne genannt wird ist das Tiff-Format. “Ich speicher meine Photoshop-Dateien immer auch als Tiff. Da werden dann auch alle Daten gesichert und Tiff kann von jedem mittelgroßen Grafikprogramm verarbeitet werden.”

Und auch das ist leider nur zum Teil wahr.

Denn das Tiff-Format ist kein normales Dateiformat, sondern ein sogenanntes Containerformat. Containerformate sind extrem flexibel und dienen dazu, einen einheitlichen Container für unterschiedlichste Daten zu bieten. Bei solchen Formaten ist nur teilweise vorgegeben, wie Daten in ihnen zu speichern sind. So müssen oft nur bestimmte allgemeine Informationen oder Metadaten in bestimmter Art und Weise gespeichert werden, der Rest bleibt dem jeweiligen Programm überlassen.

Ein recht bekanntes Containerformat ist bspw. MPEG für Videos. Vorgegeben sind dort auch nur ein paar grundlegende Informationen, die auf jeden Fall in der Datei in vorgegebener Form gespeichert werden müssen. In welcher Form aber das eigentliche Video in der Datei landet und mit welchem konkreten Codec es bspw. gespeichert wurde, ist nicht wirklich vorgegeben. Darum können dort sehr unterschiedliche Videoformen reingeschrieben werden.

Der Vorteil ist, dass dadurch auch sehr unterschiedliche Dateitypen einheitlich verwaltet werden können und bspw. auch dieselbe Dateiendung tragen. Aber was wirklich drinsteckt und ob das jeweilige Programm damit auch umgehen kann, das bleibt dabei unklar.

Und genau so ist es auch beim Tiff: Photoshop kann da sehr viel spezifische Daten reinschreiben. Und wenn das Programm, mit dem man das Tiff dann öffnet, mit diesen Daten nichts anfangen kann, dann sieht man eben nur einen Teil der Daten. Es besteht also im Grunde das selbe Problem, wie bei den PSD-Dateien selbst: was ich sehe und worauf ich tatsächlich Zugriff bekomme ist Glückssache. Durch Tiff wird das Problem also in keiner Weise gelöst.´
Es bleibt Glückssache und wenn alles schlecht läuft, kann man nicht vollständig auf die eigenen Daten zugreifen.

 

Und nu?

 

Tja, im Grunde ist es so, wie ich es ganz am Anfang geschrieben habe: wenn man wirklich vollen Zugriff auf eine PSD will, dann benötigt man dazu die Photoshop-Version, mit der es erstellt wurde (oder eine neuere – in die Richtung funktioniert die Kompatibilität immerhin).
Man kann Glück haben und kommt doch an alle Daten heran. Wenn die PSD bspw. sehr schlicht ist und da eh kaum Einstellungen oder andere speziellen Funktionen drinstecken. Man kann aber auch Pech haben.

 

Das sollte man bedenken, wenn man Dateien mit einer CC-Version von Photoshop bearbeitet: einen vollen Zugriff bietet in der Regel nur die CC-Version. Wenn man auf seine Daten zugreifen will, braucht man das Abo. Alles andere ist Glückssache. Dass sollte jeder bedenken – und genau darum habe ich diesen Post geschrieben. Weil eben so viele diesen drei Irrtümern aufgesessen sind.

 

Ich persönlich finde das recht unverschämt und lass mich deshalb auch bisher nicht auf das Abomodell ein. Aber: ich kann mir das auch erlauben, weil ich nicht darauf angewiesen bin, die neueste Photoshop-Version zu haben. Mir reicht meine alte. Vielen anderen geht das eben anders und die müssen die Kröte schlucken.

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